Giselabahn

150 Jahre Giselabahn im Jahre 2025

Was die „Brixentalbahn“ schon alles erlebte

Ein Bericht des einstigen BK-Wörgl, Hans Kobler

Die Geburtsstunde der österreichischen Eisenbahnen war am 23. November 1837. Damals fuhr der erste Dampfzug von Floridsdorf nach Deutsch-Wagram. Eine Epoche begann, die ganz Europa verbinden sollte. Bereits im Jahre 1858 führte eine Verlängerung der Kaiserin Elisabeth-Bahn, Wien–Salzburg, über Rosenheim nach Innsbruck. Die Fahrt war jedoch über Bayern notwendig, eine innerösterreichische Strecke gab es noch nicht.  Schon im Jahre 1867 wurde die Brennerbahn, Innsbruck–Franzensfeste—Bozen–Ala, gebaut von Karl Etzel, eröffnet und mit der Pustertalbahn, Spittal-Millstättersee–Franzensfeste, im Jahre 1871 eine Verbindung über das südliche Österreich mit der Hauptstadt Wien geschaffen. Eine kurze und vor Allem innerösterreichische Direkt-Verbindung fehlte noch.

Am 6. August1875 war es soweit. Die Giselabahn, Salzburg–Schwarzach-St. Veit–Zell am See–Wörgl (192 km) wurde eröffnet. Benannt wurde sie nach der zweiten Tochter von Kaiser Franz Joseph I. und seiner Frau Elisabeth, allgemein bekannt als Sisi. Sie wurde als eingleisige Strecke ausgeführt. Der Abschnitt Zell am See–Wörgl (94 km) wird auch als „Brixentalbahn“ bezeichnet, obwohl das Brixental mit dem Hauptort Brixen im Thale nur von Kirchberg i. T. bis Wörgl (26 km) reicht. 

Die Strecke ist im Abschnitt Saalfelden–St. Johann i. T. eine Bergstrecke (25 Promille) und erreicht in Hochfilzen beinahe eine Seehöhe von 1000 Höhenmeter.

Als der 1. Weltkrieg im Nahen war, war sofort klar, die vielen Militärtransporte in Richtung Südtirol schafft eine eingleisige Strecke nicht, und im Jahr 1915 wurde das zweite Gleis eröffnet. Wie auf allen Eisenbahnen üblich gab es nur einen Dampflok-Betrieb, aber schon im Jahre 1930 konnte der elektrische Verkehr aufgenommen werden.

Mehr als 120 Jahre lang war diese neue Bahnlinie das Rückgrat der einzigen österreichischen Ost-West-Verbindung. Aber nicht nur für Österreich war sie eine wichtige Verbindung, auch im europäischen Ost-West-Verkehr, im Reise- wie im Güterverkehr, nahm sie Jahre lang eine wichtige Stellung ein. Berühmte Schnellzüge wie der „Arlbergexpress“, Wien—Paris, der „Wiener Walzer“, „Transalpin“ oder „Rot-Weiß-Kurier“ (alle Wien—Basel) befuhren diese Strecke. Ein internationales Reisepublikum gab es in diesen Paradezügen. Mit Schlaf-, Liege- und Speisewagen hatten sie eine vorzeigbare Zugbildung.

Erst ab Ende der 1980-er Jahre wurde allmählich ihre Bedeutung geschmälert: Eine Fahrt von Salzburg nach Innsbruck über Rosenheim war wesentlich kürzer geworden (von 3 Stunden auf etwas mehr als 1 Stunde), und dazu auch billiger und schneller. Die EU hat die Benützung ausländischer Strecken sehr vereinfacht. Anfangs wurden nur die Schnellzüge über Bayern geführt, vorerst noch mit Stürzen in Rosenheim (Kopfbahnhof für die Strecke Salzburg–Kufstein). Aber bald wurde, unter Mitzahlung der ÖBB, in Rosenheim eine Schleife gebaut (Großes Deutsches Eck) und es ging einfacher und noch schneller; im Jahre 1982 wurde sie in Betrieb genommen. Ab der 1990-er Jahre, werden auch beinahe alle Güterzüge über diesen Abschnitt geführt, Man braucht bei Güterzügen keine zweite Lok für die Bergstrecke bei Hochfilzen. Die Bedeutung der einstmals wichtigen Verbindung begann zu sinken.

Die Westbahn mit der Giselabahn von Salzburg nach Wörgl/Innsbruck, wie bereits erwähnt einst das Rückgrat des Ost-West-Verkehres, hat in all den Jahren viele Änderungen erfahren.

Der NAT 91 (Neuer Austro Takt 1991), ein Herzstück des damaligen Generaldirektors Dr. Übleis, sollte die Zugverbindungen in Österreich, zumindest zwischen den Landeshauptstädten, durch möglichst viele und schnelle Verbindungen optimieren. Eine Vielzahl von Taktzügen wurde eingesetzt, zumeist im 1- oder 2-Stundentakt. Auch die Giselabahn profitierte davon: Ein Zweistundentakt, abwechselnd Innsbruck-Graz und Innsbruck-Wien, wurde eingeführt. Mit diesem Einstunden-Takt gab es an die 30 Schnellzüge täglich. Es war vorauszusehen, dass sich diese Zugdichte im kleinen Österreich auf längere Zeit nicht rentieren kann. Und so war es auch. Bereits ab 1995 wurde wieder mit einer Reduktion von Zügen begonnen.

Als nach 10 Jahren die Schnellzüge Wien/Graz—Innsbruck wieder eingestellt worden waren, wurden zwischen Salzburg—Zell a. S.–Wörgl–Innsbruck im 2-Stundentakt die „Salzachsprinter“ eingeführt. Sie hielten nur in größeren Bahnhöfen und waren schnellere Eilzüge, aber mit guten Fahrzeiten. Sie waren als Ersatz für die Schnellzüge eine sehr gute Lösung. Ungefähr 10 Jahre lang haben sie sich bewährt.

Seit Gründung des VVT (Verkehrsverbund Tirol) am 1.4.1995 hat im Regionalverkehr dieser die Fahrplangestaltung im Regionalverkehr inne.

Ab dem Jahre 2010 hat der VVT Im Zusammenwirken mit dem Salzburger Verkehrsverbund die guten Salzachsprinter zur Einstellung gebracht, und eigene REX (Regionalexpresszug) verkehrten Hochfilzen—Wörgl–Innsbruck, ebenfalls im 2-Stunden-Takt.  

Jedoch ab dem Jahre 2017 kam für den Bezirk Kitzbühel der große Einschnitt: Die durchgehenden REX wurden weggenommen und es gab neue REX im 1-Stundentakt von Salzburg/Schwarzach-St. Veit, aber nur bis und ab Wörgl!

Beinahe 140 Jahre lang gab es auf der einzigen österreichischen Ost-West-Achse nur durchgehende Züge von (Wien–) Saalfelden nach Innsbruck, ohne Umstieg in Wörgl.

Die Strecke Kufstein–Wörgl war und ist eine wichtige Nord-Süd-Achse, auf der nur die Schnellzüge Deutschland–Italien direkt durchfuhren. Im Regionalverkehr musste größtenteils in Wörgl umgestiegen werden. Ist auch verständlich, der kurze Zubringer Kufstein–Wörgl mit 16 Km rechtfertigte nicht das Kappen von Zügen auf der langen Zulaufstrecke Salzburg–Zell a. S.—Wörgl (–Innsbruck) mit 192 Km ausgerechnet im letzten Viertel. 

Als Ausgleich wurde die Möglichkeit geschaffen, zu jeder Stunde zwischen 5 und 22 Uhr zwei Male, mit Umsteigen in Wörgl, von Kitzbühel in die Landeshauptstadt zu fahren. Auch in der Gegenrichtung ist es so. REX und SB bilden abwechselnd einen ungefähren Halbstundentakt mit Anschluss zu/von einem RJ oder EC/CJ in Wörgl.  

Diese Umsteigeverbindungen, jeweils mit einer Reisezeit Kitzbühel–Innsbruck zwischen 70 und 80 Minuten, werden, mangels direkter Züge, gut angenommen.

Darüber hinaus wurde im Jahre 2020 im Spätabend-Verkehr nach 20 Uhr von Wörgl nach Kitzbühel von vormals 3 Zügen auf nunmehr 7 Züge aufgestockt. Dass die sogenannte „Kulturzugverbindung“ im Jahre 2023 wieder geschaffen wurde, war eine der ersten Fahrplanmaßnahmen vom neuen Verkehrs-LR Rene Zumtobel.

Die Züge werden heute zum Großteil mit Talent-Garnituren (4024) und CJ-Garnituren (4748) geführt, die gegenüber den vor Jahrzehnten vorhandenen „2-Achsern“ mit Holzbänken eine gewaltige Neuerung darstellen; wie überhaupt die ÖBB in neue Schnell- und Regionalzugsgarnituren in den letzten Jahren viel Geld investiert haben.

Auch wenn seit Juni 2024 in der Früh nach und nachmittags zurück von Innsbruck zwei CJ-Verbindungen (City-Jet), mit 8 Minuten Aufenthalt in Wörgl (Verbindung/Trennung mit Kufsteiner Garnitur), ein Durchfahren ermöglichen, die Fahrzeit Kitzbühel—Innsbruck beträgt weiterhin an die 80 Minuten.

Es muss erwähnt werden, es gibt eine Vielzahl von durchgebundenen Verbindungen, von der SB im Brixental zum REX im Unterinntal und umgekehrt, aber der Aufenthalt in Wörgl beträgt jedes Mal bis zu 18 Minuten! Vielleicht kann da einmal gekürzt werden.

Eine weitere Belebung des Regionalverkehres zwischen Hochfilzen-Saalfelden-Zell am See brachte die im Dezember 2024 geschaffene Durchführung der SB-Züge der Linie S8 von Wörgl bis Zell am See.  Länderübergreifend wird die Giselabahn wieder ihre früheren langjährigen Aufgaben übernehmen. Die beiden Fremdenverkehrszentren Zell am See/Saalbach und Kitzbühel/Brixental werden enger zusammengeführt; und das im Stunden-Takt.  

Ab dem für das Jahre 2026 über das Enns- und Brixental geplanten neuen Interregio-Verkehr, Graz—Innsbruck–Graz im 2-Stundentakt wird es wieder schnelle durchgehende Verbindungen Bezirk Kitzbühel—Innsbruck und retour geben.

Wo der Bedarf besteht, führen die ÖBB für den saisonalen Fremdenverkehr am Wochenende auch durchgehende Schnellzüge aus dem Bezirk Kitzbühel nach Wien und Deutschland.

Für die ÖBB ist es eine große Ehre, dass die Giselabahn seit 150 Jahren viele Hochs erleben durfte. Es gibt noch genügend alte Eisenbahner, die diese vorzeigbaren Bahnzeiten erlebt haben und sich mit diesem Jubiläum mitfreuen dürfen.

Hans Kobler